Der Wahnsinn des politischen Extremismus

Der Extremismus von Rechts dringt zunehmend ins Bewußtsein von Millionen Menschen in wichtigen europäischen Ländern und den Vereinigten Staaten. Unterstützt durch eine Manipulation der mächtigen Kommunikationsinstrumente werden Randansichten zum Mainstream. Was ist da los?

Politik spiegelt massive Veränderungen in sozialen Normen und Werten wider. Eine wachsende Anzahl von Menschen hat offensichtlich das Gefühl, von einer technologischen Revolution überrollt zu werden, die einer technikaffinen Elite zugute kommt und gleichzeitig Industrien zerstört, die seit Jahrzehnten das Rückgrat von ganzen Regionen bildeten.

Rationales Denken und Logik werden untergraben

Die alten Griechen und Römer waren sich sehr darüber im Klaren, wie rationales Denken und Logik von Manipulatoren untergraben werden konnten, die sich von toxischen Emotionen der Angst, Wut und Haß leiten ließen. Die Stoiker befürworteten daher Logik und Vernunft als Gegengift.

Die Stoiker kategorisierten Emotionen in zwei Typen: „Eupatheiai“ oder gute Gefühle und „Apatheia“ – ein Zustand der Gelassenheit oder Freiheit von störenden Emotionen. Sie akzeptierten Emotionen als Teil der menschlichen Verfassung, die nicht unterdrückt werden konnten. Vielmehr sollte ein gesunder emotionaler Zustand mit der Vernunft in Einklang gebracht werden.

Externe Ereignisse liegen außerhalb unserer Kontrolle, aber der Stoizismus lehrt uns, uns auf das zu konzentrieren, was wir kontrollieren können, wie unsere eigenen Gedanken und Handlungen. Das Konzept wird im stoischen Grundsatz „Epiktets Dichotomie der Kontrolle“ verkörpert, der Einzelpersonen dazu ermutigt, zwischen dem zu unterscheiden, was in ihrer Kontrolle liegt, wie ihre eigenen Gedanken und Handlungen, und dem, was nicht in ihrer Kontrolle liegt, wie z.B. äußere Ereignisse.

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In diesen Zeiten ist es wichtiger denn je, wachsam zu sein. Es fehlt entscheidend an großen Führungspersönlichkeiten, die sich dessen bewusst sind, dass ihre Handlungen, Worte, Normen und Werte einen enormen Einfluss auf eine Gefolgschaft haben. Unüberlegte Schlagwörter, die Haß hervorrufen, Minderheiten verunglimpfen und Menschen mit gegensätzlichen Ansichten herabsetzen, rütteln an den Grundfesten der gesellschaftlichen Ordnung.

Wenn Emotionen die Logik und das klare Denken überwältigen, sind ganze Volkswirtschaften und der Nationalstaat in Gefahr. Ein Beispiel ist die aktuelle politische Entwicklung in der Bundesrepublik. Vor noch wenigen Jahren war die AfD eine belächelte Randgruppe. Nun ist sie die zweitstärkste Kraft in allen aktuellen Umfragen. Nach der CDU liegt sie bei über 20 Prozent.

Die schweigende Mehrheit ist immerhin wachgerüttelt worden. Das Entsetzten ist Groß, nachdem klar wurde, dass führende AfD-Politiker ernsthaft Millionen von Menschen in der Bundesrepublik mit Migranten-Hintergrund den deutschen Paß entziehen und „rückübersiedeln“ will. Offenbar hat unter den Extremisten niemand verstanden, dass Deutschland dadurch wirtschaftlich ruiniert wäre. Keine nennenswerte Industrie und Pflegeeinrichtung könnte heute in der Bundesrepublik ohne ausländische Mitarbeiter überleben. Die Exportnation Bundesrepublik wäre am Ende.

In ähnlicher Weise war die Brexit-Kampagne im Vereinigten Königreich auf die Idee fixiert, dass der Austritt aus der Europäischen Union dem Land Milliarden von Pfund einsparen würde, die dann für den Nationalen Gesundheitsdienst (NHS) ausgegeben würden. In Wirklichkeit haben Ökonomen berechnet, dass das BIP des Vereinigten Königreichs derzeit etwa fünf Prozent niedriger ist, als es gewesen wäre, wenn es nicht für den Austritt gestimmt hätte.

Emotionen sind leider mächtiger als rationales Denken und Logik. Es erklärt, warum die Politiker, die für die Vorteile des Verbleibs in der Europäischen Union argumentierten, den Streit verloren haben. Sie lieferten Statistiken und Wirtschaftsdaten, während die Befürworter des Brexit die Debatte mit der Vision des wiedergeborenen „Großbritanniens“, befreit von den Fesseln der Brüsseler Bürokraten, emotionalisierten.

Die meisten Menschen außerhalb der Vereinigten Staaten sind entsetzt über eine mögliche neue Amtszeit Donald Trumps. Die Aussicht, dass die mächtigste Nation der Welt von einem Präsidenten mit offensichtlichen schweren geistlichen Problemen geführt werden könnte würde gigantische globale Auswirkungen haben. Psychologen und Soziologen werden das „Trump-Phänomen“ noch viele Jahrzehnte analysieren. Ein Teil der Erklärung könnte sein, dass er zur Stimme einer unzufriedenen Groll-Kultur geworden ist. Viele Millionen Menschen sind offenbar zutiefst frustriert, unzufrieden, gestresst und wütend. Er wird selbst von strenggläubigen Christen gewählt, verehrt und vergöttert, obwohl allen Bewußt sein müßte, dass es sich hier um einen gefährlichen und Machthungrigen „Sektenführer“ handelt.

Unsere Kernwerte, Normen und Überzeugungen werden von den Menschen vorgegeben, die wir als Führungspersönlichkeiten verehren. Wir sollten weise wählen und die stoische Methodik von Logik und Vernunft nutzbar machen: Was liegt außerhalb meiner Kontrolle, und was ist intrinsisch ein Teil meiner Denkweise und Perspektive? Was kann ich bei mir in positive Hinsicht ändern?

Sind meine Werte von empathischer Natur im Dienst universeller Rechte, Freiheit, Freundlichkeit, Toleranz, Schutz von anderen Menschen und der Umwelt geprägt oder sind meine Überzeugungen von Dominanz, Ausbeutung, Aggressivität und Vergeltung motiviert. Wir sollten aus der Geschichte lernen in dem Bewußtsein, dass solche Überzeugungen das Leben von hunderten von Millionen von Menschen im Zweiten Weltkrieg zerstört hat.